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- Werbeverbote – Lebensmittelverband fordert wirksame statt symbolischer Maßnahmen
Der Lebensmittelverband Deutschland weist aufs Schärfste die Unterstellung von Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, zurück dass die Lebensmittelwirtschaft “Geld damit verdient, in dem man die Gesundheit der Kinder ruiniert”.
Der Lebensmittelverband Deutschland weist aufs Schärfste die Unterstellung von Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, zurück, dass die Lebensmittelwirtschaft “Geld damit verdient, in dem man die Gesundheit der Kinder ruiniert”. Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands, kritisiert: “Eine solche bösartige Aussage, die eine ganze Branche diffamiert, die über fünf Millionen Erwerbstätige beschäftigt und täglich die Bevölkerung versorgt, ist eines Bundesministers nicht würdig. Dies stellt Cem Özdemir zudem ein erschreckendes Zeugnis über seine Einstellung zu Grundwerten und Grundlagen einer sozialen Marktwirtschaft aus.”
Özdemirs starke Worten im Rahmen der Pressekonferenz zur Vorstellung des Eckpunktepapiers zum Thema Werbeverbote folgten allerdings nur noch schwache Fakten. So konnte der Minister nicht schlüssig darlegen, was denn für ihn überhaupt “an Kinder gerichtete Werbung” darstellt und wie sich dieser Terminus genau definiert. Es entstand vielmehr der Eindruck, als plane er am Ende ein fast generelles Werbeverbot für Lebensmittel.
“Cem Özdemir scheint sich über die Tragweite seiner Eckpunkte noch gar nicht im Klaren zu sein. Wenn zwischen sechs Uhr morgens und 23 Uhr abends für Lebensmittel, die den völlig intransparent festgelegten WHO-Kriterien nicht entsprechen, nicht mehr geworben werden darf, betrifft das mehr als 70 Prozent der Produkte. Wenn auch Sport-Sponsering, Social Media-Aktivitäten und Samstagabendshows impliziert sind, wird das weitreichende Folgen für die Medien-, Sport- und Kulturlandschaft in Deutschland haben” erläutert Minhoff.
Ebenfalls wurde fälschlicherweise behauptet…
Ebenfalls wurde fälschlicherweise behauptet, die Wirtschaft würde damit argumentieren, dass Werbung keine Effekte habe. Richtig ist, dass der Lebensmittelverband argumentiert, dass keine belastbaren wissenschaftlichen Untersuchungen zur Wirksamkeit der Werbebeschränkungen auf die Gesamternährung und die Entwicklung von kindlichem Übergewicht existieren. Zu diesem Ergebnis kommt übrigens auch die wissenschaftliche Behörde des BMEL, nämlich das Max Rubner-Institut (MRI), das letztes Jahr laufende und geplante nationale Werberegulierungsmaßnahmen in 17 europäischen Ländern sowie entsprechende Evaluations- und Wirksamkeitsstudien analysiert hat. Das Fazit: Im Rahmen der Recherche konnten keine belastbaren Wirksamkeitsstudien identifiziert werden.
Christoph Minhoff erklärt: “Jedes adipöse Kind ist mit Blick auf die gesundheitlichen und psychischen Langzeitfolgen eins zu viel. Deshalb ist es unser Ziel, dass wir tatsächlich wirksame und nicht symbolische Maßnahmen umsetzen. Angesichts der Komplexität des Themas Übergewicht sind einfache Lösungen eher keine Lösungen, wie das vom BMEL selbst angeführte Beispiel Großbritannien eindrucksvoll zeigt. Dort gibt es bereits seit mehr als 15 Jahren Werbeverbote und die Übergewichts- und Adipositasraten sind dadurch nicht gesunken.
Daten aus dem Jahr 2021/2022 des National Child Measurement Programme zeigen beispielsweise, dass fast 38 Prozent der zehn- bis elfjährigen Kinder übergewichtig sind, 23 Prozent davon sogar adipös. Zum Vergleich: In Deutschland sind laut KiGGS-Welle 2 ca. 15 Prozent der Drei- bis 17-jährigen übergewichtig und davon knapp sechs Prozent adipös. Das britische “Impact Assessment” aus 2021 zeigt zudem, dass die unmittelbar durch Werberegulierungen zu erwartende Kalorienreduktion bei ca. zwei Kilokalorien pro Tag und Kind liegt – also weniger als eine Schokolinse pro Tag. Das kann niemand ernsthaft als Erfolg verbuchen. Im Übrigen hat sich auch hier der Fehlerteufel beim BMEL eingeschlichen – Großbritannien arbeitet nicht mit den WHO-Nährwertprofilen, sondern mit dem FSA-Score, dem Modell, auf welchem der Nutri-Score beruht.”
Grundsätzlich sind viele Akteure in der Pflicht, ein gesundes Umfeld für Kinder zu schaffen.
Zu einem gesunden Lebensstil gehört neben dem Angebot und der Aufklärung über ausgewogene Ernährung in erster Linie die Bewegungsförderung. Erst im Oktober 2022 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen Bericht zur Bewegungsarmut in Europa veröffentlicht. Besonders dramatisch sind die Zahlen für Deutschland bei den elf- bis 17-Jährigen: 88 Prozent der Mädchen und 80 Prozent der Jungen bewegen sich zu wenig, d. h. sie erreichen die Empfehlungen von 150 Minuten moderater bis intensiver körperlicher Aktivität pro Woche NICHT. Unsere sitzende Gesellschaft, geschlossene Sportvereine während der Corona-Pandemie und mangelnde zielgruppengerechte Bewegungsangebote haben das Problem verschärft.
In einem weiteren Bericht vom Februar 2023 kommt die WHO überdies zu dem Schluss, dass, wenn sich alle Europäer an die Bewegungsempfehlungen halten würden, bis 2050 in der EU 11,5 Millionen neue Fälle nicht übertragbarer Krankheiten wie Diabetes verhindert werden könnten. “Diese Zahlen zeigen, wo erfolgsversprechende Stellschrauben sind, an denen gedreht werden sollte”, so Minhoff und ergänzt: “Die Ernährung ist nur eine Stellschraube, hier erfüllen wir unseren gesellschaftlichen Auftrag, bieten eine entsprechende Lebensmittelvielfalt an und setzen Reformulierungsmaßnahmen um, damit für Eltern und Verbraucher die gesunde Wahl zur leichten Wahl wird.”
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Bilder: Archiv Supermarkt Inside
Content: Pressemitteilung des Lebensmittelverband Deutschland e. V. vom 27.2.2023