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Kommt die digitale Stechuhr zum Schutz der Arbeitenden ?

Dieser Beitrag ist Teil 32 von 33 in der Serie Gesetz

Kommt die digitale Stechuhr zum Schutz der Arbeitenden? Konkrete Regelungen immer noch in der Pipeline der Regierung.

Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im September 2022 stellte eindeutig  klar: Jeder Arbeitgeber, jede Arbeitgeberin ist verpflichtet, Arbeitszeiten der Beschäftigten systematisch zu erfassen. Diese Entscheidung, die auf dem sogenannten Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2019 und dem deutschen Arbeitsschutzgesetz basiert, bleibt jedoch bislang ohne gesetzgeberische Umsetzung. Ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) soll nun gesetzliche Rahmenbedingungen dafür schaffen. Damit ist klar, dass digitale Arbeitszeiterfassung bald nahezu unumgänglich ist. Durch den Beschluss in 2022 war jedoch noch immer keine konkrete Form für die Arbeitszeiterfassung vorgeschrieben. Auch ob Pausen oder Überstunden aufzuzeichnen sind, wurde nicht festgelegt. Um eine solche gesetzliche Grundlage zu schaffen und die Möglichkeiten zur Umsetzung der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung klar und eindeutig festzulegen, erging im April letzten Jahres ein Referentenentwurf (RefE) aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes. Dieser Entwurf schreibt die elektronische Form der Arbeitszeiterfassung vor. Hier wollte man auch gegen mögliche Ausnutzung der Arbeitnehmer und Arbeitne4hmerionnen vorgehen. 

Immer noch keine eindeutige Gesetzesregelung der Regierung.

Laut EuGH sind die EU-Länder zur Einführung einer objektiven, verlässlichen und zugänglichen Arbeitszeiterfassung verpflichtet. Sie soll helfen, unberechtigte  Arbeitszeiten einzudämmen und auch vorgesehene Ruhezeiten einzuhalten. Die Gewerkschaften sagen dazu, dass eine genaue Zeiterfassung auch ein Schutz vor Fremdausbeutung und Selbstausbeutung ist. Nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz mussten vor der höchstrichterlichen Entscheidung bisher nur Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden und nicht die gesamte Arbeitszeit. Das Bundesarbeitsgericht zog für seinen Beschluss nicht das Arbeitszeit-, sondern das Arbeitsschutzgesetz heran. Nach Paragraf 3 sind Arbeitgeber danach bereits verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Arbeitsminister Heil hatte dazu bereits vor gut einem Jahr einen ersten Gesetzesentwurf vorgelegt. Danach ist jedoch nichts weiter passiert. Die FDP sieht das sogenannte “Stechuhr-Urteil”  sogar im Widerspruch zu einer modernen und flexiblen Arbeitswelt von heute.

Die regierungsinterne Abstimmung dazu ist immer noch im Gange und es gibt keinen neuen Stand. Warum sich die Ampelregierung bei Neuerungen in dem Bereich schwer tun, zeigen auch die jüngsten Debatten beim Wachstumspaket. Nach der Einigung des Haushaltes 2025, machte sich die FDP im Bundestag für ein Ende des Acht-Stunden-Tags für Deutschlands Beschäftigte stark.

„Vertrauensarbeitszeitmodelle“ sind nicht in Gefahr.

Frau Gallner, als Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts ist der Meinung, dass sich die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung durchgesetzt hat. Immerhin sind hier ca. 35 Millionen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betroffen (Lt. Statistischem Bundesamt). Laut den Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz sagten 80 Prozent der Beschäftigten, dass ihre Arbeitszeit betrieblich erfasst oder diese von ihnen selbst dokumentiert wird. Flexible Modelle, die es jetzt schon gibt, wie das mobile Arbeiten, Homeoffice oder Kernarbeitszeiten seien durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht eingeschränkt, sagte Frau Gallner dazu.

Arbeitsmodelle wie u.a. das „Vertrauenarbeitszeitmodell“ sind nicht von neuen Regelungen betroffen. Vertrauensarbeitszeit bezeichnet ein Arbeitsmodell, bei dem die Angestellten eines Unternehmens ihre Arbeitszeiten in Eigenverantwortung planen. Dabei gibt der Arbeitgeber lediglich ein Arbeitsvolumen für einen bestimmten Zeitraum vor, so dass die Beschäftigten ihre Arbeitszeit weitgehend autonom und selbstverantwortlich gestalten können und dürfen. Gesteuert werden sie über Zielvereinbarungen, die erfüllt werden müssen. Führungsverantwortliche verzichten im Gegenzug auf die Kontrolle, ob der Beschäftigte seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit tatsächlich erfüllt. Wann und wo die Beschäftigten arbeiten, bleibt weitgehend ihnen überlassen. Ein sinnvolles Modell, für Menschen, die ihre Arbeit weitgehend souverän erledigen können, zum Beispiel Mitarbeitende im Außendienst, in Entwicklungsabteilungen oder in kreativen Arbeitsbereichen.

Man darf also gespannt sein, ob es die Regierung bald schafft, hier ein neues Gesetz auf den Weg zu bringen.

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