Quick-Commerce und weitere Lieferdienste mit großen Problemen. Getir/Gorillas zieht sich aus Europa und USA komplett zurück.
Der Lebensmittelliefermarkt schrumpft weiter. Getir mit seiner Tochter Gorillas zieht sich wohl komplett aus Europa zurück. Zuletzt hatte es noch Übernahmegerüchte um den Rivalen Flink gegeben. Laut Medienberichten beendet der Lebensmittellieferdienst Getir schon zum 15. Mai 2024 seinen Geschäftsbetrieb in Deutschland. Erst im Dezember 2022 übernahm Getir das Berliner Unternehmen Gorillas für laut Financial Times 1,25 Milliarden US-Dollar. Zusammen wurden Getir und Gorillas bei der Übernahme mit rund 10 Milliarden US-Dollar bewertet.
Sky News berichtete aus unternehmensnahen Kreisen, dass bestehende Investoren wie Mubadala, ein Staatsfonds der Vereinigten Arabischen Emirate, und die US-Investoren Sequoia Capital und Tiger Global einer neuen Finanzierungsrunde im zweistelligen Millionenbereich zugestimmt hätten. Bisher erhielt der türkische Konzern Risikokapital in Höhe von 2 Milliarden US-Dollar. Das Unternehmen will sich auf seinen Kernmarkt in der Türkei konzentrieren, wo es das größte Potenzial für langfristiges und nachhaltiges Wachstum sieht. Lediglich sieben Prozent des Gesamtumsatzes seien in Ländern außerhalb der Türkei erbracht worden.
Damit ist die Expansion von Getir auf den europäischen Markt komplett gescheitert. Neben Deutschland wird laut Sky News auch Getir in Großbritannien und in den Niederlanden geschlossen. Im Juni 2023 hatte sich der Anbieter bereits aus Spanien und Portugal zurückgezogen, kurz zuvor auch aus Frankreich und Italien.
Getir & Gorillas: Lieferdienstmarkt immer härter umkämpft.
Der Markt bei den Lieferdiensten gilt auch wegen der oft geringen Marge als sehr hart umkämpft. Wuchsen die Umsätze der Lieferanten für Lebensmittel in der Corona- Pandemie noch schnell an, hat sich nach Ende der Krise der Markt bereits gelichtet. Vor allem junge Menschen in Großstädten nutzten die neuen Liefermöglichkeiten besonders häufig. Danach ging das Interesse jedoch spürbar zurück. Dies muss nun auch Getir deutlich spüren. Im Sommer letzten Jahres verkündete das Unternehmen bereits den Rückzug aus Italien, Spanien und Portugal. Wenige Wochen später wurden bei Getir Tausenden Mitarbeitenden gekündigt. Damals hieß es auch schon, das Unternehmen wolle mittelfristig das Geschäft in Europa vor allem auf Deutschland konzentrieren.
Es ist aktuell noch unklar, wie die Zukunft von Fresh Direct in den USA aussieht. Ein Geschäft, das erst vor wenigen Monaten übernommen wurde. Seit 2021 ist Getir in den USA aktiv. Nun will man sich verstärkt auf den heimischen Markt Türkei konzentrieren. Hier gehören zu den Bestandsinvestoren von Getir auch namhafte Unternehmen wie Sequoia und Tiger Global sowie Mubadala, der Staatsfonds Abu Dhabis. Für die Abwicklung der europäischen Gesellschaften soll Getir im Gegenzug nochmal einen deutlich zweistelligen Millionenbetrag erhalten.
Lieferdienst Flink in noch guter Position.
Die staatliche Aktiengesellschaft Mubadala mit Hauptsitz in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate investiert neben Getir, auch in den Wettbewerber Flink. Dem Staatsfonds wurde seinerzeit nachgesagt, die beiden Beteiligungen Getir und Flink fusionieren zu wollen. Schon im vergangenen Jahr gab es Übernahmeverhandlungen, als Flink in größerer Geldnot war. Damals gab es Unterstützung von den Bestandsinvestoren Rewe und Doordash.
Weiterhin auf dem Markt sind Anbieter wie Knuspr, Picnic oder auch der Lieferdienst von Rewe. Auch in nächster Zeit wird der Verdrängungswettbewerb noch härter werden und einige versuchen mehr über Kundenrabatte zu trumpfen. Dazu kommen die Personalkosten und auch die noch immer hohen Lebensmittelpreise.
Der Rückzug von Getir nun bedeutet auch das endgültige Aus der kurzlebigen Erfolgsgeschichte von Gorillas. Während des Hochlaufs 2020 und 2021 expandierte das Start-up in kürzester Zeit in neue Märkte und konnte in einer Rekordzeit zum Einhorn in die Bewertung kommen (Investoren mit mehr als einer Milliarde Euro). Es wird spannend zu beobachten sein, wer mit welchem Lieferkonzept überleben wird.
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Beitragsbild und Bilder: Archiv SMI