Praxis-Tipps

Brennpunkte im LEH – Interview mit Thorsten Bosch

Dieser Beitrag ist Teil 6 von 6 in der Serie Dr. Bosch AG

Interview mit dem Performance-Experten Thorsten Bosch, heute: “Tipps für alle Chefs”

Thorsten Bosch begleitet seit Jahrzehnten als Performance-Experte und Krisenmanager Unternehmen auf allen Ebenen, also von der Konzernspitze bis in die Filialen. Darunter sind viele stationäre Händler wie eben Lebensmitteleinzelhändler (LEH).
Er scheut sich nicht, Klartext zu reden – egal ob Vorstand oder Filialleiter.
Im Zuge der Corona-Krise befragt ihn die Redaktion von Supermarkt-Inside hier immer wieder zu den Brennpunkten im LEH. Heute haben wir für euch hier den ersten Teil des interessanten Interviews zusammengestellt, ein kostenloser Service von der Thorsten Bosch AG und Supermarkt-Inside.

Erster Teil:

Supermarkt-Inside:

Für den LEH ist aktuell fast jeder Tag wie Weihnachten. Das ist zwar für den Umsatz prima, für die Märkte und die Menschen darin ist es aber eine unheimliche Belastung.
Viele Führungskräfte tun sich schwer, in angespannten Zeiten ihre Führungsaufgabe wahrzunehmen, weil sie administrativ viel stärker eingebunden werden, auf der Fläche mit anpacken müssen usw., um die Mehrarbeit gestemmt zu bekommen.
Was rätst Du den Führungskräften auf der Fläche? 

Thorsten Bosch:

Ich empfehle: Führt eine tägliche Routine für Euch ein, wo Ihr Euer Team / Eure Schicht zusammenholt. In diesem Kreis besprecht ihr die dringlichsten täglichen Probleme. Bereitet Euch ein wenig auf die Themen vor und habt einen Lösungsansatz parat. Ihr solltet nicht unvorbereitet wirken.

Dann könnt Ihr Eurem Team pragmatische, kleine Tipps an die Hand geben. Das können z.B. Formulierungen sein, wie sie mit Kunden umgehen, die denken, sie wären gegen den Virus immun. Oder eine einheitliche Sprachregelung, wie wir deeskalieren, wenn einer dem anderen in der Warteschlange auf die Pelle rückt. Kleine Tipps, Ideen, Formulierungen, wie das Team gewisse Situationen entschärfen kann und sich gegenseitig helfen – wir wissen ja, manche Kunden sind sehr ‚selbstbewusst‘.

Dazu ist es so wichtig wie noch nie, dass die Filialleiter ‚reinhorchen‘ und selbst mitbekommen, was es im Laden wirklich für Probleme gibt. Ich meine vor allem wiederkehrende Probleme, weniger die Einzelfälle.  Die sollten in jedem Geschäft einfach gelöst werden. 

Kurzum: Arbeitet mit Euren Teams an den zwar kleinen, aber relevanten Störungen, die in diesen Tagen so enorm viel Kraft kosten. Seid bei den Lösungsvorschlägen ganz konkret und einfach. Spart Euch allgemeines Blabla oder große Philosophie. Prüft gleich am nächsten Tag, persönlich in der Filiale, ob die Lösungen funktionieren und helft direkt, wenn nicht. 

Supermarkt-Inside:

Hast Du ein praktisches Beispiel? 

Thorsten Bosch:

Ja, folgendes habe ich kürzlich in einer richtig guten Filiale eines Lebensmitteleinzelhändlers erlebt. Dort wurde extra ein Mitarbeiter eingestellt, um dafür zu sorgen, dass die Leute einige Vorsichtsmaßnahmen wegen Corona einhalten. Bis hier hin – Spitze!
Allerdings stand er tatsächlich den ganzen Tag ohne Mundschutz und Handschuhe rum. Aber es kam noch schlimmer: Erst forderte er mich zweimal auf, doch bitte in der Schlange zum Bäcker aufzurücken, damit die Reihenfolge nicht durcheinander käme… Das war schon wirklich drollig. Aber als er dann jedem Kunden dienstbeflissen zunickte und nah auf die Kunden zuging, um ihnen „Frohe Ostern“ zu wünschen, da war ich doch einigermaßen irritiert. 

Ein großartiger Plan – katastrophal umgesetzt. Ich glaube nicht, dass sein Chef das Verhalten wahrgenommen hat. Das sind aber so Situationen, die er erkennen und konkret ansprechen muss. Und das sollte auch ein Thema für das kleine Meeting sein. 

Es ist in doppelter Hinsicht ein Problem des Chefs und Vorbilds. Wir haben eine Corona-Schutzmaßnahme, die Leute gefährdet und einen Filialleiter, der das nicht wahrnimmt und später viel tun muss, um das falsche Verhalten zu korrigieren.
Der langen Rede kurzer Sinn: An alle Filialleiter, hier seid Ihr mehr denn je gefragt! Es ist Eure Stunde als Führungskraft!

Supermarkt-Inside:

Kurzum: Probleme antizipieren statt reagieren und als Vorbild voran! Klingt logisch und richtig! Ich freue mich auf die Fortsetzung unseres Gesprächs… wieder hier bei Supermarkt Inside.

Die Tipps von Dr. Thorsten Bosch zusammengefasst:

Macht jeden Tag mindestens ein Routine-Meeting, so dass Ihr jeden Eurer Mitarbeiter wenigstens ein paar Minuten am Tag erreicht.

  • Geht auf die wirklich brennenden Themen ein und gebt kleine, machbare Tipps für die Praxis.

  • Prüft, ob die Tipps wie besprochen umgesetzt werden.

  • Thematisiert in den folgenden Meetings, ob sich die Tipps bewährt haben. Dazu sind ein paar Notizen nützlich.

  • Erwähnt diejenigen, die eine gute neue Lösung gefunden haben. 

  • Viel Spaß und fette Beute!

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